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So lernen Auszubildende, gute Übergaben durchzuführen

Erstellt von Heike Jurgschat-Geer |
- Ausbildung

Gute Übergaben sind mehr als das bloße Weitergeben von Informationen – sie sind ein zentraler Baustein für Sicherheit und Qualität in der Pflege. Doch wie lernen Auszubildende, Übergaben professionell zu gestalten? Dieser Beitrag zeigt, wie Praxisanleitende die Kompetenzentwicklung gezielt begleiten und mit passenden Methoden unterstützen können.

Übergaben sind ein zentraler Bestandteil des pflegerischen Alltags. Sie sichern die Kontinuität in der Versorgung und tragen maßgeblich zur Pflegequalität bei. Doch gute Übergaben fallen nicht vom Himmel – sie müssen gezielt gelernt und geübt werden.

In diesem Beitrag erfahren Sie:
•    Wie die Kompetenzentwicklung im Rahmenausbildungsplan aufgebaut ist
•    Welche Situationen sich als Lerngelegenheiten eignen
•    Wie Sie als Praxisanleitende die praktische Anleitung zur Übergabe gestalten können

Die Übergabe ist ein zentrales Instrument für Pflegefachpersonen, um den Pflegeprozess zu steuern. Sie setzt sowohl fachliche als auch personale und organisationsbezogene Kompetenzen voraus, die von Auszubildenden im Laufe der dreijährigen Ausbildung entwickelt werden.

Kompetenzentwicklung im Rahmenausbildungsplan (RAP)

Im Orientierungseinsatz steht zunächst das Kennenlernen der Übergabe im Vordergrund: Es geht darum, Abläufe zu beobachten und ein grundlegendes Verständnis für Sinn und Struktur zu entwickeln. Im weiteren Verlauf lernen Auszubildende, selbst Informationen strukturiert in die Übergabe einzubringen und Informationen von Kolleginnen und Kollegen zielgerichtet aufzunehmen. Im zweiten Ausbildungsjahr werden strukturierte Übergaben im Kontext der interdisziplinären Zusammenarbeit geübt, etwa im Rahmen von Transporten oder bei der Kommunikation mit anderen Berufsgruppen. Im Vertiefungseinsatz des dritten Ausbildungsjahres schließlich sollen Auszubildende in der Lage sein, auch in risikobehafteten und komplexen Situationen strukturierte Übergaben durchzuführen. Zusätzlich kommen partizipative Formate wie die Bed-Side-Übergabe hinzu, die auch Aspekte der Kommunikationsgestaltung, Ethik und Qualitätssicherung berühren (vgl. Abbildung 1).  

Auswahl geeigneter Lernsituationen

Im ersten Ausbildungsjahr liegt der Schwerpunkt auf Situationen im Pflegeteam. Ziel ist es, verschiedene Abläufe von Übergaben – etwa zwischen Tag- und Nachtdienst oder zwischen Früh- und Spätdienst – zu erkennen und zu verstehen. Die einzelnen Schritte der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung werden ebenso thematisiert wie einrichtungsspezifische Regelungen zu Zuständigkeiten oder zur Form der Dokumentation. Auch Übergaben im Schichtverlauf zwischen Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen Qualifikationen bieten Lerngelegenheiten – insbesondere in stationären Einrichtungen, wo Mitarbeitende in Teilzeit oft nur zu bestimmten Tageszeiten anwesend sind. In solchen Fällen erleben Auszubildende, wie Kommunikation auch in Abwesenheit einzelner Teammitglieder sichergestellt werden muss. In der ambulanten Pflege gestaltet sich der direkte persönliche Austausch oft schwieriger; auch das bietet Anlass, unterschiedliche Formen der Übergabe kennenzulernen und zu reflektieren.

Im zweiten Ausbildungsjahr verschiebt sich der Fokus auf die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen, Einrichtungen und Funktionsabteilungen. Übergabesituationen ergeben sich beispielsweise bei der Begleitung zu Arztbesuchen, Behördengängen oder Untersuchungen im Krankenhaus. Auch Übergaben in der Tagespflege, Kurzzeitpflege oder bei der Zusammenarbeit mit Transportdiensten bieten passende Lernanlässe. Wichtig ist dabei, dass die ausgewählten Situationen komplikationsarm sind. Übergaben im Rahmen einer Krankenhauseinweisung oder an den ärztlichen Bereitschafts- oder Notdienst eignen sich in dieser Phase in der Regel noch nicht. Parallel dazu wird in diesem Ausbildungsjahr auch die strukturierte Übergabe als Methode eingeführt und eingeübt.

Im dritten Ausbildungsjahr rücken zunehmend Übergaben in den Blick, die mit einem veränderten Gesundheitszustand oder erhöhtem Risiko für die Patienten einhergehen. Hierzu zählen etwa Übergaben an den ärztlichen Bereitschaftsdienst oder im Rahmen von kritischen Transporten. Darüber hinaus lernen Auszubildende die Bed-Side-Übergabe kennen. Diese Form erweitert die klassische Übergabe um Aspekte wie den direkten Einbezug der Patienten, eine bewusste Kommunikationsgestaltung sowie Fragen der ethischen Verantwortung und Qualitätssicherung. Da die Bed-Side-Übergabe in der Praxis bisher nicht flächendeckend etabliert ist, steht hier zunächst das Kennenlernen, Erproben und Reflektieren im Vordergrund.

Die praktische Anleitung gestalten – Methoden und Impulse

Damit Übergaben nicht nur beobachtet, sondern aktiv erlernt und reflektiert werden, benötigen Praxisanleitende geeignete methodische Ansätze. Hier einige Vorschläge:

1. Lernbegleitung durch strukturiertes Feedback:
•    Nutzen Sie strukturierte Beobachtungsbögen oder Checklisten für Übergabesituationen
•    Geben Sie gezieltes Feedback anhand klar definierter Kriterien (z. B. Informationsvollständigkeit, Verständlichkeit, Patientenbezug)

2. Rollenspiele und Simulationen:
•    Lassen Sie typische Übergabesituationen (z. B. Frühdienstübergabe, Notfallübergabe) in geschütztem Rahmen nachstellen
•    Nutzen Sie Simulationspatienten oder Fallbeispiele aus dem Alltag

3. Kollegiales Lernen:
•    Binden Sie erfahrene Auszubildende als Peer-Coaches in die Anleitung ein
•    Organisieren Sie Tandem-Übergaben zwischen zwei Auszubildenden unter Supervision

4. Reflexionsgespräche:
•    Führen Sie regelmäßige Reflexionsgespräche zu erlebten Übergaben
•    Arbeiten Sie mit Leitfragen: Was lief gut? Wo gab es Missverständnisse? Welche Informationen wurden vergessen?

5. Lernaufträge und Portfolioarbeit:
•    Geben Sie Lernaufträge zur Vorbereitung oder Analyse von Übergaben
•    Nutzen Sie ein Praxisportfolio zur Dokumentation und Reflexion von Übergabeerfahrungen

6. Videobasierte Analyse (wo möglich):
•    Zeichnen Sie (nach Einwilligung) eine Übergabe auf und analysieren Sie diese gemeinsam
•    Fördert die Selbstreflexion und den Perspektivwechsel

Fazit

Die Kompetenz zur professionellen Übergabe entwickelt sich über alle drei Ausbildungsjahre hinweg und muss gezielt gefördert werden. Praxisanleitende spielen dabei eine zentrale Rolle. Mit geeigneten Lernsituationen und methodischer Vielfalt gelingt es, Auszubildende Schritt für Schritt an sichere, strukturierte und personenzentrierte Übergaben heranzuführen.

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Das Bild zeigt einen männlichen und eine weibliche Pflegekraft